Teleshopping - Sender für Waffen
Durchschnittlich mehr als eine Massenschießerei an jedem Tag sind mittlerweile die Realität in den USA. Dazu kommen ungezählte, weil nicht registrierbare „kleinere Auseinandersetzungen“ mit Schusswaffeneinsatz. Nach Ereignissen, die in den Medien größere Resonanz finden entstehen immer die gleichen Diskussionen mit immer den gleichen Argumenten und Gegenargumenten. Eine Verschärfung des US-Waffenrechts mit der Argumentation, dass ohne Waffen kein Waffenmissbrauch möglich sei, sieht sich mit Gegenargumenten wie dem Recht auf Selbstverteidigung sowie der Aussage, nicht die Waffe sondern der Mensch tötet, konfrontiert.
Das Problem ist aber viel zu komplex als es die meisten einseitigen Berichterstattungen und vor allem die meisten Leserkommentare darstellen.
Eine Saftpresse und eine AK-12 bitte
Denn erstens ist die hochgerüstete Zivilgesellschaft eine Tatsache, die jeder US-Bürger als normal empfindet, wie wir es als normal empfinden, dass Waffengewalt ausschließlich von den autorisierten Behörden der Exekutive angewendet werden darf. Wegen dieser Sozialisation pauschal von den „kranken Amis“ zu sprechen ist weder hilfreich noch zeugt es von Gespür für andere Wahrnehmungs- und Erlebenswelten, die nun einmal Tatsache sind. Historisch und auch aufgrund der Unterschiede in der Geografie sowie in der (u.a. polizeilichen) Infrastrukturdichte ist die zivile Bewaffnung bei unaufgeregtem Nachdenken darüber, wie man sich selbst verhalten würde, wenn man einsam und 50 Meilen vom nächsten Nachbarn entfernt mit seiner Familie leben würde, durchaus nachvollziehbar. Und diese Tatsache der bewaffneten Zivilgesellschaft kann auch mit Gesetzeskraft nicht innerhalb weniger Jahre zu einer weitgehend unbewaffneten Gesellschaft führen. Ebenso wie wir uns nur schwer vorstellen können, dass unsere Nachbarn Schusswaffen besitzen, so wenig können sich viele US-Bürger vorstellen, sich nicht mehr mit Schusswaffen schützen zu dürfen. Zumindest diesen noch recht simplen Zusammenhang sollten auch schlichtere Charaktere, die sich häufig zu Stellungnahmen berufen fühlen, nachvollziehen können.
Zweitens ist das, immer wieder in den primitivsten Formulierungen nachgeplapperte Argument, dass nicht die Waffen sondern der Mensch tötet, eine rabulistische Formulierung, die eher mangelnde Argumente der Waffenlobby oder zumindest der Waffenbefürworter belegt als dass es nachvollziehbar ist. Denn selbstverständlich sind nachweislich viele der, im Affekt begangenen Schießereien, Attentate, Amokläufe usw. genau wegen der Verfügbarkeit der Waffen erfolgt. Auch die Fälle, in den kleine Kinder Menschen erschießen, würden ohne vorhandene Waffen definitiv nicht stattfinden. Das gleiche gilt für Unfälle mit Waffen, wie kürzlich wieder, als sich ein 6-jähriges Kind mit einer im Wohnzimmer gefundenen Waffe versehentlich selbst erschossen hat. Dies sind übrigens keine Einzelfälle sondern kommen Hundertfach vor. Diese Fälle erleben wir hier und in anderen Teilen der Welt so selten, weil die Waffen nicht so leicht verfügbar sind. Das sollte einleuchtend sein.
Man kann nicht alle Verbrechen verhindern, wenn Waffen nicht frei verkäuflich sind. Aber man kann viele der beschriebenen tödlichen Ereignisse verhindern, die es allemal wert sind, Anstrengungen zu unternehmen.
Das Problem ist nicht leicht zu lösen. Beide Seiten müssen mit dem notwendigen Verständnis für die jeweiligen nachvollziehbaren Positionen unaufgeregt und zielorientiert über die Möglichkeiten eines mittel- bis langfristigen Ausstiegs aus der bewaffneten Zivilgesellschaft sprechen, Vorschläge machen und ggf. mit Pilotprojekten in ersten Regionen die Erfolgsaussichten ausloten. Ein gegenseitiges „beschießen“ mit immer den gleichen Argumenten führt genau dahin, wo wir heute schon sind und somit zu immer mehr Opfern.
Teleshopping - Sender für Waffen will im Januar 2016 an den Start gehen
Der Start von Gun-TV kommt zur Unzeit. Die Betreiber sprechen davon die Waffen „verantwortungsvoll anzubieten“. Hier wird klar, dass freies Unternehmertum nicht in jedem Fall der Lage ist, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Der Saat ist in diesem Fall gefordert, hoheitlich die Interessen seines Volkes zu vertreten und mit rechtlichen Rahmenbedingungen gegen eine offensive Vermarktung von Waffen per Teleshopping geeignete Rahmenbedingungen zu setzen. Denn anders als die Betreiber aus nachvollziehbaren Gründen behaupten ist ein solches Werbeformat sehr wohl in der Lage „Bedarf“ zu wecken und nicht nur vorhandenen Bedarf zu bedienen.